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zeitig drei verschie
dene Versionen des Strafrechts.
Das „alte“ Strafrecht galt seit Polen seine Souveränität wiedererlangte.
Es gilt auch weiterhin für Prozesse, die vor dem 1. Juli 2015 begonnen wurden. Das „neue“ Strafrecht gilt für Prozesse, die zwischen dem 1. Juli 2015 und dem 14. April 2016 begannen. Das „neueste“ Strafrecht gilt für neue Prozesse ab 15. April 2016. Maßgebend ist der Zeitpunkt des Eingangs der Anklage beim Gericht.
Für Mitteleuropäer, die ein liberales Strafrecht gewohnt sind, ist das polnische Strafrecht verwirrend. Was in den westlichen EU-Ländern erlaubt ist, kann in Polen verboten sein, und umgekehrt. In Polen berührt Vieles, was in den westlichen EU-Ländern Privatsache ist, die öffentliche Ordnung und kann eine Strafverfolgung auslösen. Die Staatsanwaltschaft hat Rechte, die woanders den Gerichten vorbehalten sind. Sie kann z. B. das Besuchsrecht von Familienangehörigen eines Inhaftierten ohne Begründung aufheben. Darüber kann man monatelang streiten, bis die Staatsanwaltschaft nicht mehr daran interessiert ist und das Verbot freiwillig aufhebt.
Andererseits unterwirft sich Polen ausländischen Gerichtsentscheidungen in größerem Maße als woanders üblich. So muss eine im Ausland gegen einen polnischen Bürger verhängte Freiheitsstrafe in Polen vollstreckt werden, auch wenn nach dem polnischen Recht für die abgeurteilte Straftat eine kürzere Freiheitsstrafe verhängt worden wäre. In einem solchen Fall wurde ein polnischer Staatsbürger nach Großbritannien ausgeliefert, um dort seine Haftstrafe anzutreten.
Der Beschuldigte oder seine Verteidiger können erst am Ende des Ermittlungsverfahrens Einsicht in die Akten nehmen, um zu erfahren, welchen Beweisstoff die Staatsanwaltschaft gesammelt hat.
Der im Zusammenhang mit der Steueraffäre um Uli Hoeneß festgenommene Bankangestellte, ein Schweizer, soll nach Deutschland ausgeliefert werden. Die Vorbereitungen dafür liefen, teilte die Warschauer Staatsanwaltschaft mit (Stand: Februar 2016). Das Bezirksgericht habe einen Haftbefehl abgelehnt, dem Mann aber verboten, das Land zu verlassen. Zudem sei sein Pass eingezogen worden und er habe eine Kaution in Höhe von 250.000 € hinterlegen müssen.
Es ist davon auszugehen, dass Polen ausliefert, wenn der Verdacht einer Steuerstraftat besteht und ein internationaler Haftbefehl vorliegt.
Verurteilte Straftäter können auf Antrag mit einer elektronischen Fußfessel überwacht werden anstelle eines Vollzugs im Gefängnis. Dies ist möglich, wenn eine Freiheitsstrafe von maximal einem Jahr verhängt wurde.
Die Fußfessel dient der Kontrolle, ob der Verurteilte sich ohne Genehmigung von einem zugewiesenen Ort entfernt oder sich einer bestimmten Person bzw. einem bestimmten Ort nähert.
In den letzten Jahren wurden Straftatbestände eingeführt, die es früher in Polen nicht gab:
Sexuell motivierte Straftäter können einer medizinischen Therapie und einer pharmakologischen Behandlung zur Senkung des Sexualtriebes unterzogen werden.